St. Johannes-Nepomuk-Kapelle  

Geschichte der Kapelle

Die Johannes-Nepomuk-Kapellen an der Währinger Linie

Im Jahre 1704 wurde die Stadt Wien etwa im Bereich des heutigen Gürtels mit einem Schutzwall, dem sogenannten „Linienwall“, umgeben. Dieser 12 Fuß hohe und 12 Fuß breite Wall mit vorgelagertem 1,5 Klafter tiefem Graben erstreckte sich von St. Marx bis Lichtental und bildete zusammen mit dem Donaukanal einen - vom Schutzwert her wenig effektiven - Ring um die Stadt. Die zur Stadt Reisenden überschritten den Graben auf einer Zugbrücke und hatten am Durchgang in die Stadt bei den dort eingerichteten Aufschlagämtern, den „Linien“, eine Maut zu entrichten.

Für die an diesen Mautstellen Dienst tuenden Soldaten wurden in den Jahren 1740 bis 1760 Kapellen, die sogenannten „Linienkapellen“, errichtet; diese wurden sämtlich - mit einer Ausnahme (Matzleinsdorf) - dem hl. Johannes von Nepomuk, dem Schutzpatron der Brücken und Nationalheiligen der Böhmen (Domherr zu Prag, über Befehl König Wenzel in die Moldau gestürzt), gewidmet. So entstand im Jahre 1740 auch die erste Vorgängerin unserer Kapelle an der alten Währinger Linie. Die Inschrift der in der Sakristei verwahrten Marmortafel erinnert noch heute daran:

Heer Leopold Hueber und Heer Martin
Engelmeier, bede geweste Einnehmer allhiero
haben diese Ehrenkapelle erstiftet anno 1740

Als die neue „Linie“ eröffnet wurde, wurde die Kapelle dorthin übertragen. Dort fanden bis zum Jahre 1860 Gottesdienste statt. Dann, nach dem Tode des Vorstandes, als sich kein Nachfolger finden wollte, verfiel das Kirchlein und wurde geschlossen. 1889 erfolgte dank der Bemühungen des Sekretärs des Hauses der Barmherzigkeit, Josef Bayer, der die Geldmittel für die so notwendige Renovierung aufbrachte, eine gründliche Renovierung, worauf die Kapelle wieder ihrer Bestimmung übergeben werden konnte.

Das Extrablatt vom 9. 2. 1889 brachte hierüber unter dem Titel

Die renovirte Kapelle bei der Währinger Linie

einen illustrierten Bericht.

Bereits seit 1873 war, ungefähr dem Verlauf des Linienwalls folgend, die Gürtelstraße entstanden. Nachdem am 21. August 1893 die Gemeinde Wien Besitzer des Linienwalles geworden war und die betreffenden Steuerämter weiter an den Stadtrand hinaus verlegt hatte, begann noch im selben Jahre die Verbauung des ehemaligen Linienwalls. Die Schleifung des Linienwalls brachte die ursprüngliche Brückenkapelle - bereits die zweite in diesem Bereich - wiederum in Gefahr, und diese musste schließlich abgetragen werden.

Die heutige St. Johannes-Nepomuk-Kapelle wurde in den Jahren 1895-1897 im Zusammenhang mit der Errichtung der Gürtellinie der Stadtbahn (Eröffnung 1898) an der nunmehrigen Stelle errichtet. Architekt dieses Kapellenbaus war der für architektonische Gestaltung der Stadtbahn (Gürtel- und Wientallinie) verantwortlich zeichnende Otto Wagner (1841-1918). Die in sezessionistischem Stil errichtete Kapelle stellt - nach der „quasi-maurischen“ Synagoge in Budapest (1871) - Otto Wagners zweites sakrales Bauwerk, somit das erste in Wien, dar und gilt als Vorbild für die 10 Jahre jüngere Jugendstil-Kirche St. Leopold Am Steinhof (1905 - 1907).

Die Geldmittel zum Neubau unter der Regierung Sr. Majestät, des Kaisers Franz Josef, und dem Pontifikat Sr. Heiligkeit Papst Leo XIII. stellte ein neu geschaffener Unterstützungsverein, der von Fürstin Fanny Lichtenstein besondere Förderung erfuhr, zur Verfügung. Noch heute verdankt die Kapelle dem Wirken dieses Vereins und seiner engagierten Mitglieder ihren Bestand. Unter den Stiftern befindet sich, wie eine Gedenktafel in der Kapelle unter anderem berichtet, neben dem Kaiserpaar, „Seine Durchlaucht Fürst Johann von und zu Liechtenstein“; das Wappen dieses Geschlechtes befindet sich am Hochaltar oberhalb des Bildes des hl. Johannes von Nepomuk. Die Einweihung der heutigen Kapelle erfolgte am 19. November 1897 durch „Seine Bischöflichen Gnaden Dr. Johann Schneider“.

Nach dem 2. Weltkrieg war die St. Johannes-Nepomuk-Kapelle für einige Jahre geschlossen. Seit den 70er Jahren wird sie von neuem, aktivem Gemeindeleben erfüllt. Im Oktober 1992 trifft man sich zum ersten Mal, um über eine Generalrenovierung der Kapelle nachzudenken. Man wollte zur 100-Jahr-Feier im neuen Lichte erstrahlen. Äußere Einflüsse wie das Briefbombenattentat an Bürgermeister Dr. Helmut Zilk und die Art der Renovierung, ob die „klassische Variante“ oder die „progressive Variante“ zur Ausführung kommen sollte, verhinderten dieses Vorhaben. Zwei Jahre nach der 100-Jahr-Feier war es dann so weit: Die Johanneskapelle wurde innen wie außen renoviert. Im Zuge der Renovierung wurde die Orgel, die 1986 aufgehört hatte zu spielen, abgebaut und 2001 von Achim Reichmann neu entworfen und aufgebaut. Einzig der Prospekt und zweieinhalb Holzpfeifenregister wurden von der alten Orgel übernommen. Das zinsenlose Darlehen, das der Verein zur Erhaltung der St. Johannes-Nepomuk-Kapelle für den Orgelneubau aufnehmen musste, ist seit Ende 2007 ausbezahlt, das Darlehen für die Renovierung läuft noch bis Dezember 2009.



www.johanneskapelle.at 16.04.2024